Ein neuer Begriff: "Museumsbahnbetrieb"
Zeit ihres Lebens war die Wutachtalbahn die Bahn der Merkwürdigkeiten und Überraschungen. Die schönste Überraschung aber hielt das Schicksal für diese Bahn just in dem Augenblick bereit, als über sie das Todesurteil gesprochen worden war: das Jahr 1977. Erst in diesem Jahr begann die Bahn zu leben, wie sie in sechseinhalb Jahrzehnten des offizielen Betriebs nie gelebt hatte.

Der Kampf und Einsatz um das Zustandekommen eines Museumsbahnbetriebs begann bereits 1955. Kaum hatte der letzte Zug der Deutschen Bundesbahn die Strecke befahren, als Ferdinand Mollet, der damalige Präsident der , der "Europäischen Vereinigung zu Erhaltung von Dampflokomotiven" mit Sitz in Zürich, bei der Bundesbahn-Direktion in Karlsruhe vorstellig wurde und sich für die Eröffnung eines „Museumsbahnbetriebs" auf dem Mittelteil der Wutachtalbahn einsetzte. Ein damals völlig unvorstellbarer Wunsch. Heute, da es Dutzende von Museumsbahnen und Eisenbahnvereinen gibt, können wir es uns gar nicht mehr vorstellen, wie exotisch die ersten Eisenbahnfreunde betrachtet wurden. Zum Vergleich: Der am 2. Juli 1966 eröffnete Museumsbahnbetrieb des „Deutschen Eisenbahnvereins" in Bruchhausen-Vilsen bei Bremen gilt als der erste Museumsbahnbetrieb in Deutschland.

Seit 1955 wiederholte Mollet Jahr für Jahr seinen Vorschlag in Karlsruhe und nach 14 Jahren hatte er den ersten kleinen Erfolg! Im September 1969 befuhr ein Sonderzug, bestehend aus 16 vierachsigen Personenwagen, besetzt mit über 800 Personen und gezogen und geschoben von je einer Dampflokomotive, die Bahnlinie und wurde entlang der Strecke enthusiastisch gefeiert. Von diesem Augenblick an waren die Eisenbahnfreunde aus Deutschland und der Schweiz hellwach, hatten sie doch völlig richtig erkannt, daß sich diese Strecke außergewöhnlich zur Darstellung eisenbahnhistorischer Gegebenheiten eignet und daß diese Strecke erhalten werden mußte.


Offizieller Betrieb
Im Gebiet des Höhenzuges Randen und der Täler der Aitrach und Wutach sah es lange Zeit so aus, als ob eine ganz andere Bahn gebaut würde. Doch die politische "Großwetterlage" und die doch recht schwierige geographische Lage sorgten beide für eine besondere Entwicklung. Diese Geschichte ist von vielen Eigenwilligkeiten und Überraschungen gekennzeichnet, von denen hier in der Hauptsache nur die wichtigsten im Zusammenhang mit der schließlich gebauten Bahnstrecke genannt sein sollen.
1871 war das Elsaß deutsch geworden. Da die Regierenden in der Hauptstadt Berlin aber in den darauffolgenden Jahren mit einem erneuten Krieg gegen Frankreich rechneten, ergab sich für Deutschland das Problem der raschen Truppenverschiebung entlang der südlichen Reichsgrenze in Ost-West-Richtung ins Ober- bzw. Süd-Elsaß. Seitdem im nordamerikanischen Sezessionskrieg 1861-1865 erstmals die Eisenbahn eine kriegsentscheidende Rolle spielte, wurden vor allem die Schienenwege in die militärischen Überlegungen einbezogen: für die Truppen- und Materialtransporte. Zunächst gab es aber in Südbaden keine einzige für solche Transporte brauchbare Eisenbahnstrecke, die von Osten her direkt in Richtung Ober-Elsaß geführt hätte. Denn die einzige Bahnlinie, die überhaupt in Frage gekommen wäre - die Hochrheinstrecke Konstanz-Singen-Basel - führte an zwei Stellen durch Schweizer Hoheitsgebiet.

Im Kriegsfall mußte mit hoher Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, daß die Schweiz, um ihre Neutralität zu wahren, die Durchfahrt für deutsche Militärzüge sperren würde. So forderte die damalige Reichsregierung den Bau von Bahnen, welche die Schweizer Kantone auf deutschem Gebiet umfahren. Der - wirtschaftlich interessante - Plan einer Zufahrtslinie zum Gotthard trat in den Hintergrund und statt dessen wurde - ganz im Geiste des preußischen Militarismus - der Bau sogenannter "Strategischer Umgehungsbahnen" in Angriff genommen. Diese aber konnten sich unter ökonomischen Gesichtspunkten zu keiner Zeit rentieren. Eine dieser strategischen Umgehungsbahnen war die Wutachtalbahn, die den Zweck hatte, Militärtransporte um den Schweizer Kanton Schaffhausen herumzuführen.

1875 war bereits, bei Oberlauchringen von der Hochrheinstrecke abzweigend, eine Stichbahn durchs Wutachtal bis Stühlingen gebaut und 1876 bis Weizen verlängert worden. Die Verbindung von Weizen nach Immendingen wurde in nur vier Jahren - von 1886 bis 1890 - hergestellt und der Verkehr am 20. Mai 1890 auf diesem Streckenteil freigegeben. Der Name "Wutachtalbahn" blieb erhalten, obwohl die Bahn außer dem Wutachtal auch das Kommental und das Aitrachtal befährt. Durch diese drei Täler führt auch der Mittelteil, die heutige Museumsstrecke. In Hintschingen erreichte die Wutachtalbahn die Schwarzwaldbahn, und in Immendingen fand sie Anschluß an die Donautalbahn und die Gäubahn, so daß nun Züge aus Richtung Ulm und Stuttgart auf kürzestem Wege in Richtung Weil am Rhein und von dort ins Ober-Elsaß geführt werden konnten. Sehr bald stellte sich heraus, daß die unwahrscheinlich hohen Kosten des Baus dieser Bahn in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen standen.

Im Verlauf von zwei Weltkriegen wurde sie tatsächlich von zahlreichen Militärzügen, auch Material-, Kohle-, Verwundeten- und Kriegsgefangenentransporten befahren. Für ihre eigentliche Aufgabe, die Sicherung des Ober-Elsaß nach Süden hin, hat sie jedoch nie eine bedeutende Rolle gespielt. Vollends unnütz war sie in Friedenszeiten, denn in ihrem Bereich bestand für Bahnverkehr kaum Notwendigkeit. Und der Durchgangsverkehr in Ost-West-Richtung wickelte sich nach wie vor über die dichter besiedelte und schnellere Hochrheinstrecke und seit 1901 über die Höllentalbahn mit Anschluß an Donaueschingen ab. So ist es kaum verwunderlich, daß sich durch die Geschichte einer Bahn, die im Grunde gar keine Existenzberechtigung hatte, Schwierigkeiten, Merkwürdigkeiten, Gegensätze, Enttäuschungen und Überraschungen wie ein roter Faden hinziehen. Einiges davon sei kurz dargelegt.


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